Räuber und Theaterretter


Premio 2005 für die Zürcher Theaterformation FarADayCage
Das Publikum haben sie gleich für sich gewonnen, die FarADayCage-Theaterproduktionen Zürich um den Regisseur Tomas Schweigen und die Schauspielerin Vera von Gunten. Denn sie waren für die Zuschauer von Hamburg bis Zürich ein Gewinn: mit (sich) wandelnden Projekten wie «oneweekstand reloaded» oder unlängst, am länderübergreifenden «Freischwimmer»-Festival, mit dem «Odysseus Dia-Abend Spezial». Applaus für die Jury, die diesen Gewinn jetzt in einen Preis umgemünzt hat! - In den Premio nämlich, den mit 20 000 Franken dotierten helvetischen Förderpreis für Bühnenschaffende mit nicht mehr als drei Jahren Erfahrung in der hiesigen professionellen Tanz- oder Theaterszene. «Die Jury zeichnet die Gruppe FarADayCage und ihre Produktion mit dem Premio 2005 aus, weil sie darin im Finale die vielversprechendste 20-Minuten-Vorschau auf eine Aufführung gesehen hat, bestechend durch ihre künstlerische Gelassenheit, ihren Spielwitz und das phantasievolle und gewitzte Spiel mit den theatralischen Mitteln», heisst es in der Begründung.
Mit «Polizey» wendet sich die Formation erstmals einem klassischen Werk(fragment) zu. Friedrich von Schiller hat zwischen 1799 und 1804 Dutzende von Figuren skizziert, die alle durch das beschattende Auge der Polizei verbunden sind. FarADayCage macht sich und uns diesen Blick zu eigen: Der Big Brother sitzt im Parkett. Das Projekt entsteht in Zusammenarbeit mit dem internationalen und interdisziplinären Schiller- Festival «Räuber und Gendarmen» in Weimar. Es thematisiert die «Organisation urbaner Räume, die Legitimation von Kontrollmechanismen moderner Gesellschaften, die Wirkung bürokratischer Ordnungsphantasien und die aktuellen Sicherheitsdebatten», wie die vor einem Jahr gegründete Gruppe - man fand sich während des Studiums an der Theaterhochschule Zürich - schreibt. Doch was sich hier schwergewichtig anhört, dürfte sich leichtfüssig durch dieses klippenreiche Territorium bewegen. Dafür steht der Faradaykäfig, in dem der Spielwitz - im Spannungsfeld der Postdramatik - keineswegs zum Aschehäufchen verglimmt. «Polizey» dürfte wendiger, lebendiger sein, als die Polizei erlaubt.
(Neue Zürcher Zeitung; 28. April 2005/Alexandra Kedves)

Es gibt doch eine Zukunft


Theater Tuchlaube «Premio»-Förderpreis verliehen
(...) Zuvorderst klassierte sich die Zürcher Truppe FarADayCage um Vera von Gunten und Tomas Schweigen mit der Produktion «Polizey»; dahinter das Tanztheater «incident with a table II» von Ursula Ledergerber und Tom Baert, ebenfalls Zürich; und im dritten Rang mit einer Solo-Performance der Tänzer Patrick Steffen aus Genf.
Temporeich, lustvoll, eigenständig
FarADayCage eröffneten die jeweils rund 20 Minuten langen szenischen Ausschnitte mit einem Paukenschlag. Temporeicher und witziger kann Theater kaum sein. (...) FarADayCage verwendete einen schrillen Mix aus Stilmitteln, doch immer mit dem inneren Zusammenhalt zwischen Mittel und Aussage. In ihrer an Fiktionsironie reichen Krimikomödie (basierend auf einem Schiller-Fragment) zitierten FarADayCage lustvoll Elemente aus so verschiedenen Theatertraditionen wie Erzähltheater und griechischer Tragödie. Und das alles mit einer eigenständigen Handschrift und thematischen Stringenz, die sie weit von der Konkurrenz abhoben. Jurymitglied Andreas Klaeui sagte in seiner Laudatio: «Uns sind insbesondere die entspannten schauspielerischen Leistungen aufgefallen, die fantasievollen, schlagenden Bilder und das gewitzte Spiel mit den theatralischen Mitteln.» Und: «Die Gruppe nimmt ein Fragment von Schiller zur Vorlage für ein sehr heutiges Spiel mit Realität und Fiktion. Es gelingt ihr, die Komplexität der schwierigen Vorlage auf eine ganz eigene Ebene zu übertragen.»
(Mittelland Zeitung, 25. April 2005/ Stefan Worminghaus)